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Wie Einhörner die Zukunft des Gesundheitswesens gestalten – Teil II

Unicorn Health – Teil I
Einhornkapitalismus – Das Buch

Vor zwei Jahren wurden hier milliardenschwere Start-Ups beschrieben, die sich aufgemacht hatten, das Gesundheitswesen der Zukunft zu errichten. Es ist an der Zeit, die aktuelle Lage zu prüfen. Seit September 2018 ist die Anzahl der Health Unicorns deutlich gestiegen. Nun denken 35 Tiere unsere Gesundheit neu. Zusammen werden sie mit 90.1 Milliarden bewertet (Stichtag 11. August 2020). Die meisten Einhörner stammen aus den USA (22), acht aus Europa, fünf aus China, eines aus Südkorea.

Illustration von Karsten Petrat


Teil 1 Neue Health Unicorns

Seit September 2018 stiessen 15 Tiere zur Herde der Gesundheitseinhörner dazu. Zehn von ihnen werden hier vorgestellt, bevor der Blick weiter in die Zukunft geht. Der zweite Teil dieses Beitrags gehört zehn vielversprechenden Einhorn-Embryonen aus Europa.

Alto Pharmacy (USA, 1 Mrd.)

Ask your pharmacist, not the Internet

Alto Pharmacy ist eine Online-Apotheke, die sich als zweiseitige Plattform versteht. Basierend auf ärztlichen Rezepten werden die Medikamente durch Kuriere kostenlos nach Hause geliefert. Ärztinnen und Ärzten wird versprochen, die Papierarbeit zu erleichtern. Eine durchschnittliche Praxis könne drei Stunden pro Tag einsparen. Auf Seiten der Patientinnen positioniert man sich mit vier Schwerpunktthemen: Dermatologie, Fertilität, psychische und sexuelle Gesundheit. Für letztere verschickt man PrEP – Pillen, um sich präventiv vor HIV/Aids zu schützen. Den Versand flankiert telemedizinische chatbasierte Beratung in der eigenen App – wenn man zum Beispiel unsicher in der Anwendung der Medikamente ist. Man kennt sich in der Einhorn-Szene. Als COO amtet seit kurzem der ehemalige CEO des einhörnigen eZigaretten-Herstellers JUUL.

InSightec (ISR, 1.3 Mrd)

Using sound waves to treat instead of a scalpel

InSightec wurde zwar schon 1999 gegründet, aber erst im Juni 2020 zum Einhorn. Das israelische Start-Up will das Operieren neu erfinden. Statt mit dem Skalpell will man Patientinnen künftig mit Ultraschall behandeln. Das würde Eingriffe ohne Narben und Infektionen sowie mit kürzeren Aufenthalten im Spital ermöglichen. Operieren will das israelische Start-Up bei neurologische Erkrankungen, Prostatakrebs, Metastasen in Knochen und Uterus-Myomen. Der Fokus der Tätigkeit liegt momentan auf der Behandlung von Parkinson bedingten Tremoren. Hintergrund: Ein Prozent der über 60-Jährigen ist von der Krankheit betroffen. In der neuartigen Operation werden Gehirnareale mit einer Art Helm präzise beschallt. Zum Geschäftsmodell gehören diagnostische Leistungen. Seit 2016 kooperiert man mit Siemens Healthcare.

CMR Surgical (UK, 1 Mrd)

Our aim at CMR Surgical is to make minimal access surgery available to all

Auch CMR Surgical Einhorn arbeitet am Operationsaal der Zukunft. Zu den überzeugten Investoren gehören ABB, LGT und GE Healthcare. Anders als bei InSightec wird bei CMR Surgical der Körper immer noch aufgeschnitten, allerdings mit Robotern, mit dem “Versius surgical robotic system”. Der medizinische Direktor streicht Kompaktheit, Modularität und Mobilität als Differenzierungsvorteile gegenüber anderen Anbietern hervor. Diese Vorzüge würden das System vergleichsweise günstig machen. Zum Angebot gehören Trainingseinheiten, um das neuartige Operieren einzuüben. Die Werbevideos präsentieren effektvoll weissglänzende Roboter-Arme vor schwarzem Hintergrund. Höchstpräzise gehen sie mit Klammern, Sägen und Messern um. Allerdings amten sie nicht autonom, noch werden sie von einem Menschen kontrolliert. Überhaupt schenkt man dem Zusammenspiel von Mensch und Maschine grosse Bedeutung. Das Einhorn spricht von Human Technology.

Roivant Sciences (CH, 9.1 Mrd)

We are a new type of biopharmaceutical company focused on applying technology to drug development

Das Pharmaunternehmen Roivant Sciences hat sich hinter Global Switch (UK, Datenzentren, 11 Mrd.) zum zweit wertvollsten Start-Up Europas überhaupt gemausert. Hintergrund sind Finanzspritzen des Vision Funds von Softbank. 2018 investierte der japanische Konzern 1.1 Mrd US Dollar in das Schweizer Start-Up. Das Unternehmen identifiziert und übernimmt Wirkstoffe, die in der Pipeline von Biotech- und Pharmakonzernen steckengeblieben sind. Um an der Gesundheit der Zukunft zu arbeiten, arbeitet man mit Vants, quasi Start-Ups im Start-Up. In den letzten Monaten kamen “technology focused Vant” dazu, um den “Entwicklungs- und Kommerzialisierungsprozess” von Medikamenten zu verbessern. Zu den 16 Schnellbooten der Bio-Tech-Holding gehören Immunovant (Immunsystem), Dermavant (Dermatologie) und Respivant (“Respiratory Diseases”). Die Büros befinden sich in Basel und New York.

Babylon Health (UK, 2 Mrd)

We’re for health, for all

Babylon Health ist eines von vielen Einhörnern, das leidenschaftlich in die Märkte der Telemedizin vordringt. Wie bereits bei Alto Pharmacy, wird die Plattform zweiseitig gedacht - mit Ärztinnen auf der einen Seite und Patienten auf der anderen. Hintergrund der Aggressivität ist das Rennen um die vordersten Plätze in einem Wettbewerb, der mit grosser Wahrscheinlichkeit den Regeln der Plattformökonomie folgen wird. Ist dies der Fall, gehen die Märkte relativ schnell mit einer Oligopol-Struktur einher. Die Mission von Babylon Health ist weniger kapitalistisch formuliert. Ziel sei es allen Menschen auf Erden Zugang zu bezahlbaren Gesundheitsdienstleistungen zu verschaffen. Das Team ist interdisziplinär aufgestellt. Neben Ärzten arbeiten Mathematiker und Ingenieure an der Zukunft. Das erstaunt nicht, wenn man sich die Lösung von Babylon anschaut: Es ist eine App mit einem einfachen Geschäftsmodell. Eine jährliche Flatrate kostet 149 Pfund. In die App ist der Chatbot Ask Babylon eingebaut: “Babylon understands symptoms you enter and provides you with relevant health and triage information”.

Doctolib (FRA, 1.14 Mrd)

Construire le système de santé de demain

Doctolib arbeitet an der Reform und vor allem an der Digitalisierung der Prozesse des französischen Gesundheitssystems. Ärzten verspricht man die Praxis der Zukunft zu bauen – unter anderem durch Digitalisierung und Automatisierung der Terminfindung und Krankenakten. Patienten können online ihre Krankengeschichte einsehen und mit einem Klick anderen zugänglich machen. Doctolib will den Behandelten nicht nur die Macht über ihre Daten geben, sondern auch die Zusammenarbeit im Gesundheitssystem verbessern. Zum Geschäftsmodell von Doctolib gehört eine Buchungsplattform für Arzttermine. Dort kann Ärztinnen suchen, zum Beispiel einen Bauchchirurgen und mit wenigen Klicks einen Termin vereinbaren. Die Ärztinnen und Ärzte präsentieren sich wie in den sozialen Medien mit Fotos und Lebenslauf. Einen Preiskatalog gibt es auch, interessanterweise aber keine Ratings. Man hat die Wahl zwischen einem persönlichen Treffen und einer Konsultation en vidéo.

Devoted Health (USA, 1.8 Mrd)

Easy, Affordable, And a whole lot more caring

Devoted Health ist eine US-amerikanische Krankenkasse, die sich aber als “Provider” von Gesundheitsangeboten bezeichnet. Zu den Investoren gehören die Super Angel Andreessen Horowitz. Ende 2019 hatte man eine Bewertung von 1.8 Milliarden erreicht, ohne einen einzigen Kunden zu haben. Devoted Health vermittelt Ärzte und Apotheken - zurzeit erst in Texas und Florida. Man konzentriert sich auf die ältere Bevölkerung. Diese sehe sich einem, “confusing, expensive, inpersonal” System gegenüber. Im Hintergrund setzt Devoted Health auf neue Technologien. Mit Predicitive Analytics sollen Krankheitsverläufe frühzeitig erkannt beziehungsweise wohl auch Kosten und Risiken geschätzt werden. Die Datenorientierung wird deutlich durch das Engagement von DJ Patil, der früher Chief Data Scientist bei LinkedIn und eBay war. Mit Bright Health tummelt sich eine andere Krankenkasse (USA, 1 Mrd.) unter den neuen Einhörnern.

Hims (USA, 1.1 Mrd)

All things men’s wellness

Auch Hims ist ein Einhorn aus den USA. Es handelt sich um ein Start-Up, das sich an der Schnittstelle von Gesundheit und Lifestyle bewegt und sich explizit an Männer richtet. Die Angebote gliedern sich zurzeit in fünf Bereiche: Haarausfall, Sexualität, Hautpflege, Nahrungsergänzungsmittel und psychische Gesundheit. Für diese werden neben Pillen (Propranolol) gegen “Performance Anxiety” verschrieben und seit neuem “Anonymous Support Groups” angeboten. The world has been turned upside down. We feel it too.. In Zukunft will man auch Gesprächstherapien per Video und Telefon anbieten. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten wie Finasterid gegen Haarausfall oder Tadalafil gegen Erektionsstörungen erfolgt nach dem Check-out ein “Online Assessment”. Ausserdem gibt es einen COVID-19-Schnelltest für Zuhause. Hims ist hipster. Die Vitamine werden in Form von Gummibärchen verkauft, die Models sind tätowiert und tragen lange Bärte.

Lyell Immunopharma (USA, 1.16 Mrd)

Curative cell-based immunotherapies for human disease

Das Biotech Unternehmen Lyell Immunopharma aus San Francisco erforscht unser Immunsystem. Im Zentrum stehen T-Zellen. Sie bilden eine Gruppe unserer weissen Blutzellen und übernehmen überwachende und zerstörende Funktionen in der Abwehr gefährlicher Erreger. Zusammen mit dem Pharma-Riesen GlaxoSmithKline will man deren “Fitness” steigern und so die Wirkung unseres Abwehrsystems stärken. Im Auge hat man insbesondere Zelltherapien, um Tumore zu bekämpfen. Dabei werden die patienteneigenen Zellen zu Medikamenten. Das Team von Lyell ist hervorragend vernetzt. Gründer und CEO ist Richard Klausner. Er leitete das National Cancer Institut der USA (mit einem jährlichen Budget von 5 Milliarden) und die Bill & Melinda Gates Stiftung.

Orca Bio (USA, 1 Mrd)

We are committed to advance a new class of cell therapies that will safely reboot a patient’s immune system to defeat cancer

Eines der jüngsten Einhörner überhaupt ist Orca Bio. 2016 gegründet, wurde es innert kürzester Zeit, am 17. Juni dieses Jahres, als Einhorn wiedergeboren. Zum Verwaltungsrat gehören der eben angetroffene Richard Klausner sowie der frühere CEO von Novartis, Joe Jimenez. Das amerikanische Start-Up arbeitet an “hochpräzisen” und personalisierten Zelltherapien für Gen, Blut- und Immunsystemkrankheiten, zum Beispiel Leukämien. Blut- und Immunsysteme sollen “reprogrammiert werden”, indem entnommenes Material Zelle für Zelle neu “sortiert” wird. Wie bei Lyell spielen auch bei Orca Bio die T-Zellen eine wichtige Rolle. Eine erste Anwendung befindet sich gegenwärtig in der klinischen Testphase. Ziel der Forscherinnen und Forscher ist es die Probleme heutiger Behandlungen, wie Infektionen, Akzeptanz neuer Zellen und Rückfälle zu verhindern.


Teil 2 Europäische Health Start-Ups

Im zweiten Teil stehen gut finanzierten Start-Ups Europas sowie Schweizer Health-Tech-Unternehmen im Vordergrund. Sie mögen zwar weniger Wert haben, sind deswegen aber nicht weniger interessant, um die Zukunft zu studieren.

Sophia Genetics (SWI)

Democratizing Data-Driven Medicine

Zu den höchsten bewerteten Health-Tech Start-Ups Europas gehört das Schweizerische Unternehmen Sophia Genetics. Entstanden ist im Umfeld der EPFL. Das Zentrum des Innovators bildet Sophia, eine “Collective Artificial Intelligence”. Sie hilft Medizinerinnen, genetische Informationen schnell und zuverlässig zu interpretieren. Es wird eine Art globales Lexikon angestrebt. Daten aus Paris könnten Patienten in Zürich oder New York helfen. Pro Monat wird das Genom von zusätzlichen 10.000 Patienten in das Gehirn von Sophia hochgeladen. Langfristiges Ziel von Sophia Genetics sind personalisierte Medikamente mit hoher Wirksamkeit. Krebs soll von einer tödlichen zu einer chronischen Erkrankung werden. Neben der Genetik strebt Sophia Genetics nach Lösungen in der Bildanalyse der Pneumologie, Urologie und Neurologie. Im Imageclip bekennt man sich zum Datenschutz.

KRY (SWE)

Sprich mit einem Arzt online – wann du willst, wo du willst

Auch das schwedische KRY will mittels Telemedizin das Gesundheitssystem aufrütteln. Schweden gilt als Pionier in der Telemedizin. Bereits im April 2018 gab es 35.000 Online Konsultationen. Damals war die Kundschaft jung und urban. 90 Prozent der Patientinnen und Patienten waren unter 50, 43 Prozent kamen aus Stockholm. Losgegangen sei der Boom durch den Entscheid der Regionalverwaltung Jönköpings, für Videokonsultationen gleich viel zu bezahlen wie für analoge. Mit seiner App will KRY die Kosten, Wartezeiten sowie den administrativen und logistischen Aufwand der Patienten so gering wie möglich halten. Ein durchschnittliches Gespräch dauere 15 Minuten, eines mit Psychologen doppelt so lange. Seit 2018 ist viel passiert. KRY ist in Norwegen, Spanien, Frankreich, Deutschland und England tätig und gilt als das am häufigsten heruntergeladene Telemedizin-App Europas. Für Personen mit COVID-Verdacht bietet man kostenlose Beratung an. Das dürfte nicht ganz uneigennützig sein, KRY wird es darum gehen, neue Kunden zu gewinnen.

Oura Health (FIN)

Understand the rhythms of your body to transform your health

Oura Health ist ein finnisches Unternehmen, das einen intelligenten Ring herstellt. Vermessen werden Puls, Temperatur und Aktivitäten – um “ein holistisches Abbild” der Gesundheit zu erhalten. Zum 300-Dollar teuren Ring gehört eine App, mit der man seine Werte aufzeichnen und analysieren kann. Im Vergleich zu smarten Uhren, welche die Werte am Finger aufzeichnen, sei Oura viel präziser. Nur wenige Wearables würden die Körpertemperatur direkt an der Haut messen. Den theoretischen Hintergrund von OURA bildet die Chronobiologie beziehungsweise die Circadiane Rhythmik. Sie ist in. 2017 gewannen drei Chronobiologen den Nobelpreis für Medizin. Sie zeigten, wie sich unsere innere Uhr bis auf die Zellebene bemerkbar macht (zumindest bei der Fruchtfliege). Viele neuro-generative Krankheiten (zum Beispiel Alzheimer und Parkinson), psychiatrische Erkrankungen, Übergewicht und Schlafstörungen gehen mit gestörten circadianen Rhythmen einher.

Novalogy (BUL)

Cutting-edge technology that brightens your day

Ayo ist eine smarte Brille des bulgarischen Unternehmens Novalogy. Sie vereint drei Anwendungen der Blaulicht-Therapie – für das Schlafen, für das Reisen beziehungsweise das Kurieren eines Jetlags und das persönliche Energiemanagement. Zur verkauften Brille gehört ein Etui mit integrierter Powerbank. Es erlaubt die Brille auch unterwegs zu laden. In einer dazugehörigen App werden die personalisierten Behandlungen verwaltet und angepasst. Ayo verspricht seinen Nutzern mit mehr Energie in den Tag zu starten. Langfristig angewandt, würde eine tägliche 20-minütige-Therapie sowohl die “Sleep Patterns” als auch die “Energy Levels” verbessern. Die Erläuterungen des wissenschaftlichen Hintergrunds auf der Webseite offenbaren, dass sich auch Ayo mit der Chronobiologie beschäftigt. Und genau gleich wie der Ring von Oura kostet die Novalogy Brille, kaum zufällig, 300 Dollar.

Psious (ESP)

Healing minds with virtual reality

Psious ist eine Virtual Reality Plattform aus Spanien für Psychologie und mentale Gesundheit. Seit der Gründung 2013 hat man 70 virtuelle Situationen entwickelt. Zu den Simulationen gehören Trainings gegen Höhenangst, Spinnenphobien, Flug- und Prüfungsangst. Die Szenarien seien von Psychologen entwickelt und die Umsetzung in realen Behandlungssituationen geprüft worden. Zudem hat man Achtsamkeits- und Entspannungsübungen ins Programm aufgenommen. Das Angebot für Spitäler, Psychiater und Psychologen umfasst neben einer VR-Brille, dem Zugang zu den entwickelten virtuellen Welten, eine Plattform mit der während der Exposition die Gesundheitswerte der Patienten überwacht werden können. In einer Academy werden Neukunden in der Anwendung geschult. Mit psious@home will man die Smartphones zur psychologischen Praxis machen.

Ably Medical (NOR)

Breaking the limits of the conventional hospital bed

Die auf Forschung und Entwicklung spezialisierte Preventive Health Company wurde 2015 gegründet und strebt für März 2021 die Markteinführung von neuartigen Spitalbetten an. Die Gründung geht auf einen Workshop in der Nähe von Oslo zurück, an dem das heutige Design von Spitalbetten als “number one challenge” von Patienten und Pflege identifiziert wurde. Es ist der Ort wo die Patienten am meisten Zeit verbringen - hat sich aber seit 50 Jahren bezüglich Design und Funktionalität nicht verändert. Zudem würden die Pflegekräfte aufgrund der wenig funktionsfähigen Betten häufig unter Rückenproblemen leiden. Das smarte Bett von Ably Medical soll das Spital für die Pflege zu einem besseren Arbeitsort machen. Das technisch hochgerüstete Bett passt sich dem Körper an und folgt den Bewegungen der Patienten.

Liva (DEN)

Improving lives through digital health coaching

Liva wurde 2015 von den eHealth Pionieren ins Leben gerufen, die das Informationsportal netdoctor gegründet haben. Die App bietet “Personal Health Programmes” für einen gesunden Lebensstil an. Chronisch Kranke sollen eine bessere Lebensqualität erhalten. Dabei setzt man auf digitale Interaktion. Technologie soll den Zugang zu therapeutischen Dienstleistungen erleichtern und die Beziehungen zwischen Patienten und Health Care Professionals stärken. Zum Angebot gehören In-App-Programme zu Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten oder zur psychischen Gesundheit. Die Verschreibung und Überprüfung der Medikamenteneinnahme ist Teil der Lösung. In die App ist wiedermal eine zweiseitige Plattform eingebaut. Patientinnen können einen persönlichen Gesundheitscoach auswählen, während die Coaches dort ihre Patienten und Termine verwalten können. Die Wirkung wurde in klinischen Studien geprüft.

Purposeful (GRE)

Data finds new uses for existing drugs

Mission des griechischen Start-Ups ist es, neue Nutzungsmöglichkeiten von bereits existierenden Medikamenten zu finden. Dadurch sollen die Entwicklungskosten beziehungsweise die Anzahl Experimente reduzieren werden, die nötig sind, um vielversprechende Wirkungspotenziale zu entdecken. Man konzentriert sich auf die Behandlung seltener Krankheiten. Für 350 Millionen Menschen oder 95% der Patientinnen mit seltenen Krankheiten fehlt eine adäquate Behandlung. Bei der Arbeit von Purposeful kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz. Sie verknüpft genetische, chemische und biologische Daten. Covid-19 bietet dem Unternehmen einen klassischen Anwendungsfall. Für das Virus identifizierte man 42 Medikamente mit Behandlungspotenzial.

Altoida (CH)

Reinventing Digital Biomarkers for better Brain Health

Altoida ist einer der zwei Gewinner des Swiss Healthcare Start-Up Booster Programms 2020. Ansässig in Luzern und Houston (USA), entwickelt das Unternehmen eine App, um ein Alzheimer-Risiko frühzeitig vorherzusagen. In den USA soll es bis 2050 knapp 6 Millionen Alzheimerpatienten geben. Je früher man die Krankheit entdeckt, desto besser lässt sich deren Verlauf beeinflussen. Gemäss dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung liegt Altoida in neun von zehn Fällen richtig. Ein zehnminütiger Test reiche, um die Prognose zu stellen. Dabei kommen Augmented Reality Spiele auf Tablets und Smartphones zum Einsatz. Das Angebot basiert auf zwei Jahrzehnten Erfahrung mit 200 Studien und 3000 Risikopatientinnen. Neben diagnostischen Hilfsmitteln arbeitet Altoida an Programmen, um den Verlauf der Krankheit zu beobachten und durch Trainings zu verlangsamen.

1 Drop Diagnostics (CH)

Better, Faster, Portable Medical Diagnostics

Wie Altoida gibt auch 1 Drop Standorte in der Schweiz und den USA an – in Neuenburg und Boston. Vision des Start-Ups ist es die Lebensqualität durch Präzisionsmedizin und nicht-invasive diagnostische Test zu verbessern. Medizinische Tests sollen für alle zugänglich sein, immer und überall. Wird schon bald in jedem Badezimmer ein Mini-Labor stehen? Gemäss Firmenname reicht ein Tropfen Körperflüssigkeit, um die wichtigsten Werte von Herz, Kreislauf, Leber und Nieren zu erfassen und auf dem Smartphone zu verwalten. Zu den informativen Flüssigkeiten gehören Blut, Speichel, Urin, Tränenwasser und Sperma. Im Vordergrund der Entwicklung steht momentan ein Bluttestgerät. Seit dem 6. März 2020 befindet sich eines der mobilen Labors im Weltraum. Eine Trägerrakete von Elon Musks SpaceX brachte es zur ISS.


Fazit: Gemeinsamkeiten der neuen Health Unicorns

Abschliessend werden die Gemeinsamkeiten der hier betrachteten Start-Ups kurz zusammengefasst. Sie verraten, wo in den nächsten Jahren unternehmerische Aktivität beziehungsweise Veränderungsdruck auf das etablierte Gesundheitswesen zu erwarten ist.

Health-Hardware feiert ein Comeback
Nachdem frühere Health-Einhörner viel über Daten und Künstliche Intelligenz gesprochen haben, wächst nun eine Generation von Start-Ups auf, die vermehrt medizinische Geräte und Wearables herstellen. Dazu gehören Geräte für das mobile Testen und nicht-invasive Operieren, smarte Spitalbetten, Robotik für den Operationssaal.

Die Telemedizin steht vor dem Durchbruch
Dabei wirkt Covid-19 als Innovationsverstärker. Es ist anzunehmen, dass sich im telemedizinischen Markt gemäss den Gesetzen der Plattformökonomie langfristig wenige grosse Unternehmen durchsetzen. Entsprechend werden sich die Start-Ups gemäss den Spielregeln des Einhornkapitalismus am Prinzip des Blitzscaling orientieren.

Chronobiologie und Genetik stärken die personalisierte Medizin
Diagnostik wird digital und datenreich. Eingriffe, Medikamente und Therapien werden individuell gemäss Datenlage festgelegt. Personalisierte Gesundheit kann nur dann ihre Potenziale entfalten, wenn die Systeme aller Anbieter Zugriff auf die Daten haben. Viele Start-Ups arbeiten mit Apps, offen bleibt die Integration der produzierten Daten.

Die Einhörner nehmen sich der psychischen Gesundheit an
Angeboten werden Gesundheitscoaches, virtuelle Realitäten, telemedizinische Therapien und Zugang zu Psychopharmaka. Bei diesen Angeboten, wie auch bei den aufsteigenden Tele-Apotheken zeigt sich, wie die Einhörner weiter die Grenzen von Gesundheit, Wellbeing und Lifestyle verwischen.

Einhörner entdecken Zielgruppen und das Immunsystem
Zu den direkter als früher adressierten Zielgruppen gehören Männer, ältere Patient(inn)en sowie Menschen mit seltenen Krankheiten. Im Gegensatz zu dieser Spezialisierung steht das Interesse für unser Immunsystem, das zielgruppenunabhängig in der präventiven Medizin an Bedeutung gewinnt.


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