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U-Boot-Innovation: 10 Ideen, um die Zukunftsfähigkeit unauffällig und kostenlos zu stärken

Zukunftsfähigkeit entsteht nicht aus dem Nichts. Doch das Geld, um an der Zukunft zu arbeiten, ist durch die rezessive Stimmung ebenso verschwunden wie die Lust dazu im ängstlichen Zeitgeist erstickt. Wer trotzdem in die Zukunft investieren will, sollte untertauchen und an U-Boot-Innovationen arbeiten.


In den Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen der Beraterzunft verdichten sich die Zeichen: das Geld, um Innovationen zu kultivieren, an Visionen zu arbeiten und die Mitarbeitenden durch externe Gedanken zu inspirieren, ist knapp geworden.

Das hat verschiedene Ursachen. Erstens geht die Angst vor einer Rezession um. Zweitens sind viele Unternehmen von ihren Innovationsexperimenten enttäuscht – von ihren Hubs, Hacks, Schnellbooten, Outposts und FuckUp-Nights. Drittens gibt es einen kulturellen Backlash zurück zu Command & Control Führung, wo starke Figuren die Zügel in der Hand halten wollen und die Mitarbeitenden ins Büro pfeifen. Hintergrund dieses Backlashes ist die Unsicherheit unserer Zeit – ausgelöst durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg, die Klimakrise, die politische Polarisierung, die steigenden Rohstoffpreise und die anhaltende Inflation.

Aber es wäre naiv zu glauben, dass sich Zukunftsfähigkeit einfach so einstellt. Innovation – und noch mehr eine Innovationskultur – muss gehegt und gepflegt werden. Im aktuellen Kontext ohne Zukunftslust und ohne Ressourcen taucht man deshalb am besten unter, um die Innovationsfähigkeit zu stärken. Damit meine ich nicht zu verschwinden und zu sabotieren, sondern klug und unauffällig an der Zukunft zu arbeiten. Hierzu stelle ich zehn “U-Boot-Innovationen” vor. Die kostenlosen Zukunftsbooster sind effektiv, bleiben jedoch an der Oberfläche der Meetings und Budgets unsichtbar.


Exnovation
Übt die strategische Verzichtsplanung
Der offensichtlichste Ansatz für U-Boot-Innovation ist die Exnovation. Durch Entschlackung wird abgeschafft, was im Wege steht, zu viele Kosten verursacht und überflüssig geworden ist: Der tote X-Kanal, der Versand von Rechnungen auf Papier, das Produkt, das schon lange niemand mehr kauft. Das bewusste Ende alter Innovationen befreit nicht nur von schädlichen Nebenwirkungen, sondern setzt Zeit, Geld und Personal frei, um an Neuem zu arbeiten. Wie das Innovieren ist das Exnovieren ein aktiv zu gestaltender Prozess – mit Anfang, Ende, klaren Zielen und Kennzahlen, die beim Monitoring des Aufhörens unterstützen.

Rekrutierung
Nutzt Anstellungen für einen Kurswechsel
Zwar nicht kostenlos, aber unverzichtbar, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, ist die Rekrutierung von neuem Personal. Wenn jemand kündigt oder in Pension geht, gilt es die Chance zu ergreifen und neue Kräfte mit dem gewünschten Mindset sowie zukunftsrelevanten Fähigkeiten an Bord zu holen. Vielleicht sollte man zurzeit den Zukunftsfit stärker als den Kulturfit gewichten? Damit die Rekrutierung den gewünschten Effekt hat, sollten zunächst gesellschaftliche, technologische, ökologische und urbanen Trends definiert werden, auf die man künftig reagieren will.

Leseclubs
Lernt den Zeitgeist zu deuten
Völlig kostenlos sind dagegen Leseclubs. Sie frischen das Gedankengut eines Unternehmens auf. Zusammen mit Kolleginnen diskutiert man aktuelle Sachbücher und Romane – zum Beispiel den neuen Harari oder «Verlust» von Andreas Reckwitz. Falls die Leseclubs nicht als Arbeitszeit gelten dürfen, können sie über Mittag stattfinden oder bei einem Drink nach Feierabend. Gemeinsam lernt man Vergangenheit und Zukunft kennen und entwickelt Zeitdiagnosen, welche die Angebotsentwicklung und Contentproduktion anleiten. Zusammenfassende Texte und Videos sorgen für den Transfer in die Breite.

Nähe-Booster
Investiert in die Gesprächskultur
Um den Gedankenfluss zu stärken, könnten U-Boot-Innovatorinnen in die Gesprächskultur ihrer Unternehmen investieren. Das hilft im Sinne der psychologischen Sicherheit Konflikte offener auszutragen und so stärker “am selben Strang zu ziehen”. Ausserdem wird die Kombination von Ideen wahrscheinlicher. Um Nähe zu erzeugen, kann man die Arbeitsumgebung auf Gespräche ausrichten und die Krawatten verbieten. Wer in der Vergangenheit steckengeblieben ist, sollte dringend die Du-Kultur einführen. Auch Aperos oder Open Air Filmabende unterstützen das vertrauensfördernde Gespräch.

Schweigeräume, Schweigetage
Vertieft Gedankengänge
Ein weiterer Weg, um den Ideenreichtum von Mitarbeitenden anzuregen, ist das Schweigen. In der Unruhe des Grossraumbüros fällt die Konzentration schwer, durch den stündigen Sitzungstakt bleibt kaum Zeit übrig, um in die Tiefe zu denken. Schweigeräume und -gärten öffnen Räume für Neues, für Tiefe, fürs Schweifen. Noch konsequenter agiert, wer einmal im Monat das Sprechen verbietet, Offline-Freitage ausruft und sein Unternehmen konsequent auf ASYNC trimmt. In schriftzentrierten Organisationen sieht man sich kaum, dafür haben Begegnungen wirklich Bedeutung.

Anti-Clean-Desk-Policy
Macht Eure Ideen sichtbar
Unauffälliger fördert eine “Anti-Clean-Desk”-Policy die Zukunftsfähigkeit. Natürlich geht es nicht darum, am Platz zu essen oder für unhygienische Verhältnisse zu sorgen. Aber das ständige Glätten der Unordnung hat auch Nachteile: weil alles Persönliche unsichtbar wird und entwickelte Ideen nach Sitzungen und Brainstormings sofort im Abfall verschwinden. Warum nicht regelmässig eine Woche lang Post-its mit kritischen Gedanken aufhängen? Eine Ausstellung mit verbrauchten Flipcharts organisieren? Auf den Bildschirmen der Mensa aktuelle Pitch-Desks laufen lassen?

C-Rotation
Wechselt die Trainer:innen aus
Ist die Personalrotation ein Griff in den Giftschrank? Bisher eine Niete, sollte man sie künftig von oben und wie im Fussball denken. Versagt die Mannschaft auf dem Platz, wird der Coach gewechselt. Oder anders: Unternehmen, die Innovation einfordern, aber ihre GL über Jahre unberührt lassen, wirken völlig unglaubwürdig. Wer neues Denken fördern, aber keine Externe holen will, macht die HR-Leiterin zum CEO und diesen zum Finanzchef. Produktorientierte “Sitze” sollten Zukunftsthemen wie der Ökologie, der Urbanisierung oder den digitalen Fortsetzungen Platz machen.

Geschichte(n) wertschätzen
Corporate History eine Stimme geben
Eine achte Möglichkeit, um neuen Perspektiven kostenlos eine Stimme zu geben, ist die Stärkung von Corporate History. In jedem grösseren Unternehmen gibt es Menschen, die sich mit der Geschichte beschäftigten. Aber normalerweise fristen sie ein Dasein unter Tage, ihre Arbeit wird kaum wertgeschätzt und erreicht das Tageslicht nur an Jubiläen. Das ist schade, denn Historiker:innen können die Megatrends sichtbar machen, die den Aufschwung eines Unternehmens begründet haben. Im Gespräch mit zukunftsaffinen Expertinnen können sie diese Kräfte in die Ausarbeitung von Innovationen verlängern.

Schattenzukunft
Installiert H2 als geheime Machtzentrale
Klandestine entmachten heimlich die Geschäftsleitung und führen die Organisation stattdessen über die zweithöchsten Hierarchiestufe. Die direkten Mitarbeitenden der GL-Mitglieder sind sowieso die wichtigsten Anwärter:innen, um das Unternehmen in einigen Jahren in die Zukunft führen. Wer die Schattenführung stärken will, organisiert regelmässige Treffen der H2-Gruppe und installiert digitale Plattformen für den Wissenstausch. Um die Zukunft vorzubereiten, antizipieren H2 schon heute technologische, demographische, ökologische und urbane (Gegen-)Trends und die dazugehörigen Exnovationskandidaten.

Zukunftsmaschine KI
Lasst Chat GPT innovieren und exnovieren
Es ist durchaus beeindruckend, wie gut GPT, Gemini & Co. schon heute die Zukunft erforschen können – indem sie Daten analysieren, Wissen verknüpfen und Gefühle versachlichen. U-Boot-Innovatoren befragen sie nach Angebotsinnovationen, Prozessoptimierungen und Exnovationen. Zukunftsmaschinen antworten schnell, kostenlos und rational. Aber Achtung: die meisten Menschen vertrauen in der Wahrheitsfindung bisher nur anderen Menschen. Ausserdem braucht es kreative, präzise Fragen. Die Zukunftsshow von GPT & Co. ist nur so gut, wie es die Instruktionen erlauben.


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